Auf großer Fahrt: Schiffsüberführung von Stockholm nach Rügen - Teil 1

Benjamin GenzBenjamin Genz
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Willkommen an Bord – Crew und Boot

Da stehen wir also, vor einer neuen Herausforderung, die Überführung der "Mac Kenzie", einer Dehler 34, die noch fast nach frischem Lack riecht. Erst 2023 zu Wasser gelassen und mit allem ausgestattet, was das Seglerherz höher schlagen lässt: moderne Elektronik, Navigationssystem, AIS & Co sowie frische Segel und eine Crew mit viel Vorfreude. Aber mal ehrlich, unter Motor ist die gute Mac Kenzie nicht gerade ein Speedboot. Bei Gegenwind knappe 4 Knoten, und bei starkem Gegenwind kommt sie nicht mal über 3,5 Knoten. Also ja, 400 Meilen von Stockholm bis Rügen in sieben Tagen – das wird spannend, besonders bei Südwindlage!

An Bord sind bisher nur wir zwei: Ich, Ben, Skipper:in, und Viktoria, meine erste Mitseglerin. Unsere dritte Crewperson und Co-Skipperin, Lisa, wollten wir in Nynäshamn aufsammeln, bevor es weiter über die Schwedischen Schären Richtung Süden gehen sollte – Ziel: Deutschland!

Anreise nach Stockholm – Mit dem Snälltåget ins Abenteuer

Die Geschichte beginnt aber nicht direkt auf dem Boot. Nein, der erste Schritt ins Abenteuer war die Anreise mit dem Snälltåget, dem Nachtzug von Berlin nach Stockholm. Mittwochabend, 28.08., ging’s los, mit einer Stunde Verspätung, weil der Zug bereits bei der Bereitstellung Ärger machte. Naja, besser spät als nie, oder? Für rund 90 Euro hatte ich mir ein Bett im Sechserabteil gegönnt – nicht super luxuriös, aber völlig ausreichend. Sechs Betten, je drei übereinander auf jeder Seite, ein bisschenwie im Hostel.

Das schmale Schlafwagenabteil mit 6 Stockbetten, 3 auf jeder Seite.

Die Fahrt war... interessant. Ich hab mir irgendwann ein kleines Nest gebaut, das Bettzeug bezogen und versucht, quer zur Fahrtrichtung zu schlafen. Spoiler: Längs schlafen ist deutlich angenehmer. Aber hey, der Zug rollte, und irgendwann konnte ich sogar ganz gut pennen.

In Malmö, frühmorgens um sieben, gab’s dann eine kleine Pause. Beine vertreten, barfuß und noch halb im Schlafanzug auf dem Bahnsteig – ja, das war ich. Natürlich musste ich mir sofort einen Karamel-Latte und eine frische (warme) Kanellbulle (Zimtschnecke) gönnen 🤤. Perfekt, um in den Tag zu starten!

Lecker Kanelbulle!

Als der Zug wieder fuhr, hab ich das Fenster im Gang aufgerissen. Frische Luft! Es war eines dieser älteren Modelle, wo man den Kopf noch aus dem Fenster strecken kann, um die schwedische Landschaft vorbeiziehen zu sehen. Ein bisschen nostalgisch, aber genau das richtige Feeling für den Beginn eines Abenteuers.

Irgendwann gegen Mittag rollte der Zug in den Stockholmer Hauptbahnhof. Dort hab ich mein Gepäck erstmal in einem Schließfach verstaut und mir noch ein paar Stunden Zeit genommen, um die Stadt zu erkunden, bevor es dann weiter nach Saltsjöbaden ging – meine Basis für die nächsten Tage vor dem Start der Überführung.

Der erste Tag der Überführung – Samstag, 31.08.

Am Samstag war’s dann soweit. Nach ein paar entspannten Tagen in Saltsjöbaden ging es endlich zur "Mac Kenzie". In Fisksätra (Saltsjö Pir Marina), traf ich Viktoria. Eine Sache mussten wir aber vorher noch erledigen: Einkaufen. Was simpel klingt, ist bei einer Bootsüberführung oft eine echte Herausforderung. Erst recht, wenn das Wasser in den Läden knapp wird – es schien, als hätte niemand mehr mit so vielen Segelnden gerechnet und alle anderen Überführungsteams an diesem Wochenende denselben Plan wie wir – im selben Laden. Statt mehrer voller Träger gab’s nur einzelne Flaschen – na großartig. Aber hey, improvisieren gehört zum Segeln dazu, oder?

Nachdem wir die Einkäufe an Bord geschleppt und uns mit der Mac Kenzie vertraut gemacht hatten, waren wir startklar. Um 18 Uhr war es schon spät für die Überfahrt nach Dalarö, unserem geplanten Ziel für die Nacht und 16 Meilen entfernt. Der Basisleiter hatte uns jedoch einen Geheimtipp gegeben: Ein kleiner, ruhiger Liegeplatz an der Kunstgalerie Artipelag, nur eine Stunde entfernt. Perfekt!

Dort angekommen, legten wir zum ersten Mal als 2er Team an. Dank auflandigem Wind ging alles reibungslos. Und während die Sonne unterging, genossen wir unser erstes gemeinsames Abendessen an Bord – Nudelsalat, vorgekocht für die lange Etappe am nächsten Tag.

Die Mac Kenzie am Liegeplatz in Artipelag

Der Abend war ruhig und entspannt. Wir erkundeten noch die Außenanlagen der Galerie – wunderschöne beleuchtete Stege führten uns bis aufs Dach des Gebäudes. Von dort aus konnten wir den Sonnenuntergang über dem Stockholmer Archipel bewundern – ein beeindruckender Moment und der perfekte Start in unser Abenteuer.

Am nächsten Morgen ging es früh los – 6 Uhr ablegen stand auf dem Plan, denn wir wollten rechtzeitig in Nynäshamn ankommen, um unsere Co-Skipperin Lisa einzusammeln. Und dann? Dann ging's weiter nach Süden, bei Gegenwind und über die kleinen Inseln – das nächste Kapitel unserer Reise.


Bleib dran, im nächsten Teil erfährst du, wie unser Tag mit Lisa an Bord und die Herausforderung des Segelns bei Gegenwind verlief!

⏭️ Zum zweiten Teil dieser Blog-Serie gehts hier.

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